BerlinerBär
I. Bis Ende 16. Jahrhundert

Von Johannes Glintschert.

Im Berliner Raum gab es, wie Funde bei Ausgrabungen zeigten, bereits in grauer Vorzeit Spuren menschlichen Lebens. Allerdings gilt es wissenschaftlich nicht als erwiesen, ob beispielsweise einzelne Funde, die auf ein Alter von über 50.000 Jahren veranschlagt werden, wirklich von diesen Orten stammen, oder ob sie nur durch die Eisbewegungen der letzten Eiszeit hierher verlagert worden sind. Nach dieser letzten Eiszeit kann jedoch von einer kontinuierlichen Besiedelung, wenngleich noch von geringer Dichte, ausgegangen werden.

Spuren von Siedlungen germanischer Stämme gab es schon in den letzten Jahrhunderten vor und den ersten Jahrhunderten nach unserer Zeitrechnung im Gebiet von Spree und Havel.

Im 7. Jahrhundert nach Christi Geburt drangen slawische Stämme ein. Bereits in den Jahrhunderten zuvor nahm die germanische Besiedelung immer mehr ab, doch dürfte es über einen längeren Zeitraum ein friedliches Nebeneinander germanischer und slawischer Stämme gegeben haben.

Erste Besiedelungen entstanden in den Randgebieten des heutigen Berlins, wovon vor allem Ausgrabungsfunde aus slawischer Zeit in den Fluren von Mahlsdorf, Kaulsdorf, Spandau und Köpenick zeugen. Das beweisen auch die ersten urkundlichen Erwähnungen von Spandau (1197) und Köpenick (1209), die beide historisch bereits vor Berlin Bedeutung erlangen.

Eine Handelsstraße zwischen beiden Orten überquerte die Spree an der Stelle des späteren Mühlendammes. Dieser Ãœbergang bildete den Ausgangspunkt für die Entstehung der beiden Städte Berlin und Cölln, die zunächst als Niederlassungen von Kaufleuten und spätere Ansiedelungen von Handwerkern entstanden sein dürften. Daraus wird deutlich, daß die ersten urkundlichen Erwähnungen von Cölln (1237) und Berlin (1244) nicht mit deren Gründung gleichzusetzen sind. Eher könnte man sie bereits als Ausdruck eines bestimmten Umfanges der Stadtwerdung ansehen und den Beginn der Besiedelung zumindest schon weit in das 12. Jahrhundert datieren. Als weiterer Beweis dafür kann auch gelten, daß die Nikolaikirche bereits 1245 urkundlich erwähnt wird.

In den folgenden Jahren entstanden neben der Stadtmauer, deren Reste noch heute im Bezirk Mitte zwischen Litten- und Waisenstraße zu sehen sind, auch das Graue Kloster (die Klosterkirche wurde im 2. Weltkrieg zerstört, ihre Ruine kann man in der Klosterstraße noch sehen) sowie die Marienkirche. Letztere wurde erstmals 1294 in einer Urkunde erwähnt. Historiker gehen jedoch davon aus, daß sie bereits um die Jahrhundertmitte gebaut wurde. Sie kann heute im Bezirk Mitte am Alexanderplatz bewundert werden.

Berlin und Cölln gewannen, begünstigt durch ihre gute Verkehrslage (Wasser- und Landweg) schnell an Bedeutung und drängten Spandau und Köpenick mehr und mehr zurück. Sie entwickelten sich zu einem wichtigen Handelszentrum, und sie wurden bereits im 14. Jahrhundert Mitglied der Hanse.

Bis in das 14. Jahrhundert stand die Mark Brandenburg unter der Herrschaft der Askanier. Als der letzte Vertreter dieses Geschlechtes, Markgraf Woldemar, 1319 starb, erlosch deren brandenburgischer Zweig. Es sollte fast ein Jahrhundert dauern, das von vielen Wirren und Machtkämpfen geprägt war, ehe die Hohenzollern die Herrschaft antraten, die sie bis zum Sturz des Kaiserreiches durch die Novemberrevolution im Jahre 1918 ausübten.

Im Jahre 1411 wurde der Burggraf von Nürnberg, Friedrich VI. von Hohenzollern, von Kaiser Sigismund als Statthalter der Mark Brandenburg eingesetzt. Ein Jahr später huldigte ihm Berlin als erste Stadt der Mark. Im Jahre 1415 wurde er auf dem Konstanzer Konzil vom Kaiser mit dem Kurfürstentum Brandenburg belehnt und nannte sich fortan Kurfürst Friedrich I. Er setzte seinen Sohn, Markgraf Johann, als Statthalter ein, der die Regierungsgeschäfte 1426 übernahm und 1431 Spandau als seinen Wohnsitz wählte.

Die Städte Berlin und Cölln bekräftigten 1432 ihre bereits 1307 gebildete Union. Sie war u.a. durch die gemeinsame Stadtmauer, die Gültigkeit des Bürgerrechtes in beiden Städten und gemeinsamen Wirtschaftsverkehr gekennzeichnet.

1436 erwarben sie die Dörfer Tempelhof, Mariendorf, Marienfelde und Rixdorf, wodurch die Berliner Feldmark erheblich vergrößert wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß der Orden der Johanniter den Hof Rixdorf im Jahre 1360 in ein Dorf umwandelte. Die entsprechende Urkunde darüber ist die einzige erhalten gebliebene Dorfgründungsurkunde in der Mark Brandenburg.

Beide Städte hatten ihre Macht also erheblich gefestigt und ausgeweitet. Als 1437 Friedrich II. die Stadthalterschaft von seinem Bruder Johann und 3 Jahre später endgültig die Regierung übernahm, galt daher sein ganzes Bestreben der Schwächung beider Spreestädte, was ihm schließlich auch gelang. Die Bürgerschaft setzte sich zwar zur Wehr (u.a. ist der als "Berliner Unwille" bekannt gewordene offene Aufruhr gegen den Kurfürsten ein markantes Beispiel dafür), konnte sich aber, da sie keinerlei Unterstützung, weder von Seiten der märkischen Städte noch seitens der Hanse, erfuhr, nicht behaupten. Sie mußte sogar akzeptieren, daß die Union zwischen ihren beiden Städten aufgelöst wurde. Damit blieb es zunächst bei der Teilung beider Städte, und es setzte in ihrer Entwicklung eine einschneidende Veränderung ein. Sie wurden Regierungssitz (Kurfürst Johann Cicero, 1486-1499, nahm hier seinen ständigen Wohnsitz) und wandelten sich von bis dahin freien und doch mächtigen Hansestädten zu kurfürstlichen Residenzstädten. Dieser Entwicklung immanent war die Ausweitung städtischer und vor allem landesherrschaftlicher Aufgaben, einhergehend mit zunehmender Ausprägung und Spezialisierung der Behörden und einer dadurch ständig wachsenden Zahl von Beamten und Bediensteten.

Den sich daraus ableitenden erhöhten Bildungsbedürfnissen, vor allem für den Adel und das reiche Bürgertum, wurde u.a. damit Rechnung getragen, daß 1477 die Verlegung des Generalstudiums der sächsischen Dominikanerprovinz von Erfurt und Magdeburg in das Kloster nach Cölln erfolgte. Es entstand damit hier die erste Hochschule, an der Gelehrte von Rang wirkten.

Bildung und Kultur erlebten im 16. Jahrhundert einen bedeutenden Aufschwung. Es entwickelten sich Theater (1541 erste Theateraufführung), Musik (es entstehen Hofkapelle, kurfürstliche Kantorei, Stadtpfeifereien) und Bibliothekswesen. 1595 gibt es in Berlin die Zunft der Buchdrucker, die zugleich Buchhändler sind, und 1600 erscheint in Berlin schon eine eigene Zeitung.

Auf wirtschaftlichem Gebiet gab es ebenfalls Fortschritte. Zwar hatten das Ausscheiden aus der Hanse, die Entwicklung von Frankfurt/Oder (1500 war hier die Universität gegründet worden) und Leipzig (Messen) zu wichtigen Handelszentren die Schwerpunkte etwas verschoben, doch versanken Berlin und Cölln keineswegs in Bedeutungslosigkeit. Die neuen Residenzstädte zogen Handwerker an, das Innungssystem wurde ausgebaut (23 neue Zünfte bildeten sich im Verlaufe des 16. Jahrhunderts). Entsprechend war die Bevölkerungszahl von 6.000 im Jahre 1450 auf nunmehr ca. 12.000 im Jahre 1600 gewachsen.

Damit setzte auch die Bebauung vor der Stadtmauer ein. Es entstanden Ziegeleien, Kalkbrennereien u.a. Zweige. Spürbar entwickelte sich auch die Landwirtschaft.

Von nicht unerheblichem Einfluß auf diese Prozesse war die Reformationslehre Martin Luthers. Sie fand auch in der Mark Brandenburg schnelle Verbreitung. Allerdings wurde sie unter Kurfürst Joachim I., der von 1499-1535 regierte, noch unterdrückt und es kommt in dieser Zeit auch zu Judenverfolgungen in der Mark. Viele wurden festgenommen und im Jahre 1510 wurden 38 von ihnen in Berlin verbrannt.
Erst unter Joachim II. (1535-1571) wurde die Reformation eingeführt. Am 1. November 1539 trat der Kurfürst in der Nikolaikirche zu Spandau zum Luthertum über. Ab dem nächsten Tag galt die neue Lehre für Berlin und Cölln und ab 1540 für die gesamte Mark Brandenburg.

In der Regierungszeit Joachims II. setzte eine rege Bautätigkeit unter Einbeziehung vieler Handwerker und Baumeister aus Sachsen ein. Neben dem Neubau des Schlosses entstanden auch repräsentative Bürgerhäuser, wie z.B. das bis heute erhaltene Ribbeckhaus in der Breiten Straße in Mitte. Es war zugleich der Beginn der Verwandlung Berlins und Cöllns zu Renaissancestädten. Interessant ist auch, daß sich gerade in dieser Zeit die Sprache wandelte. Mit der Reformation aus Wittenberg und dem Zuzug vieler Arbeitskräfte aus dem Sächsischen hielt das Meißnerische seinen Einzug in Berlin und Cölln und verdrängte nach und nach das bis dahin gesprochene Niederdeutsch.

In dem durch die Reformationslehre verwaisten Franziskanerkloster richtete der Leibarzt des neuen Kurfürsten Johann Georg (1571-1598), Leonhard Thurneysser, ein alchimistisch-pharmazeutisches Labor ein. Noch berühmter wurde das 1574 hier eingerichtete "Berlinische Gymnasium zum Grauen Kloster" als erste Landesschule der Mark Brandenburg. Das Schulwesen erreichte damit eine neue Qualität und die Geistlichkeit besaß nicht mehr das Vorrecht auf alleinige Unterrichtserteilung. Später wurde dieses Gymnasium sehr berühmt. Bedeutende historische Persönlichkeiten wie z.B. Schadow, Schinkel, Schleiermacher, Bismarck oder Turnvater Jahn waren seine Schüler.
Insgesamt läßt sich feststellen, daß sich Berlin und Cölln um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert als kurfürstliche Residenzstädte sowie als Orte des Handels und des Handwerkes herausgebildet hatten.

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Zuletzt geändert: 07 August, 2012